Bonner Bundesrat.
Wappen verschiedener Bundesländer an der Wand. Gegenüber ein Panoramafenster mit Blick auf den Rhein.
Geschäftiges Treiben, Applaus, die Jury spricht die letzten Namen der Preisträger aus.
Der Fotograf hebt die Kamera, wir heben unsere Urkunden:
„… hat sich am Schulwettbewerb ‚Bonn – Wiege der Demokratie in Deutschland nach 1945 – 75 Jahre Grundgesetz‘ beteiligt und damit an die Leistung der Menschen in der Bundesstadt Bonn erinnert, die das Grundgesetz erschaffen haben und selbst einen Beitrag zum Erhalt und Ausbau der Demokratie geleistet.
Für diesen Einsatz sprechen wir Dank und Anerkennung aus.“
Stolz und Freude liegen in der Luft, dann erhellt das Blitzlicht der Kamera unsere Gesichter.
Wir aus der Schülerzeitung „So.Wie?So!“ und Schülerinnen und Schüler Jahrgangsstufen 6, 9, 10 und 12 haben dieses Jahr mit dem Themenspecial „Stolpersteine – Frieden durch Erinnerung“ und unserem EMA – GEFRAGT Video zum Thema „Fake News“ beim Internationalen Demokratiepreis Bonn den ersten Platz belegt.
Die Sonderausgabe thematisiert einerseits persönliche Schicksale und Schikanen von Juden und weiteren Opfern im Dritten Reich und beleuchtet damit verbunden andererseits die aktuelle Zunahme von Antisemitismus und Rassismus in Deutschland.
Im Editorial der gedruckten Ausgabe heißt es: „Die Stolpersteine haben uns zu persönlichen Schicksälen, der Aktion T4 und der Geschichte der LVR Klinik, Zur Enteignung einer Bonner Villa, zur Bonner Kreuzkirche, zur Berichterstattung im General Anzeiger im Dritten Reich, und zu einer Agentengeschichte geführt.
Und was bedeutet das alles für uns heute – wenn Antisemitismus ‚trendet‘, Rassismus, Hate Speech und Queerfeindlichkeit wieder Teil unseres Alltags sind?
Und was können wir ganz konkret tun?“
Ausgangspunkt unserer Arbeit an den Beiträgen für die „Stolpersteine“-Ausgabe galt allerdings die Aktion der „Revolte Rheinland“ bei uns vorm EMA am 30. Oktober letzten Jahres.
Wir waren nicht nur geschockt und wütend über solch eine Tat vor den Toren unserer Schule, sondern wir sahen uns gezwungen, unserer Dankbarkeit für die Demokratie in Deutschland Ausdruck zu verleihen. Entgegen des geballten Hasses und der Ignoranz bezüglich der deutschen Erinnerungskultur wollten wir Respekt und Interesse gegenüber den dunklen Seiten der deutschen Geschichte bekunden und verbreiten.
Ein Gemeinschaftsprojekt
Unsere Ausgabe „Stolpersteine“ war also ein Gemeinschaftsprojekt der Schülerzeitung und verschiedenen Schülerinnen und Schülern am EMA, die mit ihren empathischen und informativen Beiträgen das Themenheft füllten – und somit einen Beitrag für den Erhalt und die Wertschätzung der Demokratie, in der wir leben dürfen, leisten.
Spannungsgeladen reichten wir also unsere Arbeit beim Schulwettbewerb des Internationalen Demokratiepreises Bonn ein – ein Verein, der „der Verständigung der Völker dienen, den Frieden fördern, bestehende Feindbilder abbauen und gegenseitiges Vertrauen zwischen den Völkern aufbauen“ möchte, wie seine Website bekannt gibt. Und weiter noch:
„Mit der Preisverleihung soll die Allgemeinheit auf die besonderen Leistungen des Preisträgers hingewiesen und zu ähnlich herausragenden Leistungen angespornt werden.“
Nach einem Auswahlverfahren wurden wir schlussendlich zu der Preisverleihung in den ehemaligen Bundesrat in Bonn auf dem Platz der Vereinten Nationen eingeladen. Unsere Gruppe bestand aus einer Mischung aus Vertretern unserer Schülerzeitung „So.Wie?So!“ und Autoren einiger Textbeiträge aus dem von uns eingereichten Themenspecial.
Insgesamt 108 Teilnehmer von verschieden Schulen aus Bonn und Umgebung waren anwesend.
Es erfolgten feierliche Ansprachen zum Verein des Demokratiepreises, Redebeiträge zu den Aufgaben und Säulen der Demokratie, ein kurzer Rückblick in eine von Diktatur geprägte Zeit und Gesellschaft vor 1945 und Dankesreden an die Teilnehmer. Währenddessen konnten wir auf dem Grundstein der Demokratie sitzen-– auf alten Holzsesseln an Rednerpulten, wo schon etliche Politiker vor uns Platz genommen hatten; zwischen Reihen von erwartungserfüllten Schülern; zwischen Vergangenheit und Gegenwart an einem Ort von historischer Bedeutung und aktueller Relevanz; in einem Raum, in dem damals das Grundgesetz ausgearbeitet wurde und dem nun von einer neuen Generation 75 Jahre später gedient und geehrt wird.
Doch dann hatte das Warten ein Ende und es kam der Moment, auf den wir alle gewartet hatten:
„Es fühlte sich gut an, dass unsere Arbeit wertgeschätzt wurde“
„Es fühlte sich gut an, dass unsere Arbeit wertgeschätzt wurde“, erzählt Merle G. aus der EF von dem Gefühl, unseren Namen bei den Siegern zu hören. „Als ich nach vorne gegangen bin, war ich richtig stolz auf uns“ ergänzt Lukas B. aus Klasse 8. Ein Erlebnis, das wir nie vergessen werden, und unsere Schülerzeitung für immer prägen wird: Das Gewissen, etwas für die Demokratie getan zu haben, und die Urkunde als Beleg in der Hand zu halten.
Nachdem die Urkunden überreicht waren, wurden Fotos geschossen und unsere Arbeit allen anderen Teilnehmern präsentiert. „Ich finde es wichtig, dass die Botschaft die wir durch unsere Ausgabe vermitteln wollten, auch angekommen ist und so anerkannt wurde,“ so Vera K. aus Klasse 10.
Im Endeffekt etwas Gutes, etwas Aufklärendes machen
Die Zeit nach der Preisverleihung nutzten wir, um uns einmal selber ans Rednerpult zu stellen, wie es vor uns schon der ehemalige Bundeskanzler Konrad Adenauer getan hatte. Nachdem wir auf unseren Sieg angestoßen hatten, verließen wir glücklich und voller Ideen für unser nächstes Projekt den ehemaligen Bundesrat. „Es war ein schönes Gefühl, den Preis zu gewinnen und dort überreicht zu bekommen, weil wir im Endeffekt etwas Gutes, etwas Aufklärendes gemacht haben!“, sagt Silas B. aus Klasse 12 nachdem wir den ehemaligen Bundesrat verlassen haben.
Unsere Demokratie ist verletzlich. Demokratie ist kostbar
Die Teilnahme und die Preisverleihung waren ein voller Erfolg und haben uns nahbar und unmissverständlich gezeigt, wie kostbar und unersetzlich die Demokratie in Deutschland ist.
Wir haben mit unserer Ausgabe „Stolpersteine“ einen Beitrag zum Ausbau der Demokratie geleistet, aber damit darf es nicht getan sein. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit und jede und jeder von uns muss sich dafür einsetzen!
Artikel von Vera und Luise
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