A Stalker’s Playlist – Wenn Popmusik plötzlich verstört
- 7. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Was passiert, wenn man genauer hinhört? Auf dem b° future Festival in Bonn ging es im Workshop „A Stalker’s Playlist“ um Gewalt in Songtexten – von den Beatles bis Maroon 5. Unser Redakteur (8. Klasse) war vor Ort und erlebte, wie harmlos klingende Lieder plötzlich düster werden. Ein Beitrag über Texte, die verstören – und darüber, warum wir vielleicht öfter genauer hinhören sollten.
Triggerwarnung: In diesem Beitrag geht es um Gewaltdarstellungen und Gewaltfantasien in Songtexten. Einige Beispiele können verstörend wirken. Lies den Artikel nur, wenn du dich damit wohlfühlst.
Songs, die man mitsingt – und plötzlich merkt, was man da eigentlich singt
Wir kennen es alle: Diese Songs, die man laut mitsingt, ohne genau auf die Worte zu achten. Doch wenn man einmal den Text liest, merkt man, was für schockierende Dinge da teilweise vorkommen. Genau darum ging es in dem Workshop „A Stalker’s Playlist“ auf dem b° future Festival für Journalismus und Dialog in Bonn.
Gewalt in der Musik – ein Thema, das unter die Haut geht
Ich war auf dem Festival, habe mir verschiedene Workshops angesehen – und dieser hier hat mich sofort interessiert. Der Workshop trug den Titel „Gewaltverherrlichung in der Musik“ und fand im sogenannten „gläsernen Zelt“ auf dem Münsterplatz statt.
Drei Frauen standen auf der Bühne. Gleich zu Beginn spielten sie „Every Breath You Take“ von The Police – ein Song, den fast jeder kennt. Doch er handelt nicht von Romantik, sondern von Stalking. Das erkennt man schon an der Zeile „I’ll be watching you“.
Die Referentinnen sprachen über Beziehungsgewalt in der Popkultur und betonten, dass Stalking nicht nur Frauen, sondern auch Männer betreffen kann. Sie bezogen sich dabei sogar auf die Netflix-Serie „Baby Reindeer“, in der genau dieses Thema behandelt wird.
Wenn KI plötzlich Lieder erfindet
Spannend fand ich auch, dass die drei Frauen mit ChatGPT gearbeitet haben. Sie fragten nach Beispielen für gewaltverherrlichende Lieder – und bekamen als Antwort: „Frauenmörder“ von Falco. Nach kurzer Recherche stellten sie fest: Dieses Lied existiert gar nicht! Als sie ChatGPT darauf ansprachen, „korrigierte“ sich das Programm selbst. Das hat mich wirklich überrascht – denn viele Menschen verlassen sich blind auf künstliche Intelligenz.
Bekannte Stars – schockierende Texte
Erschreckend war für mich, dass selbst Legenden wie die Beatles oder Elvis Presley Texte über Gewalt geschrieben haben.
In „Run for Your Life“ von den Beatles heißt es:
Well, I'd rather see you dead, little girlThan to be with another manYou'd better keep your head, little girl
Übersetzt bedeutet das:
Ich würde dich lieber tot sehen, kleines Mädchen,als mit einem anderen Mann.
Das ist schon ziemlich heftig – und viele singen das mit, ohne darüber nachzudenken.
Wenn Popmusik krank macht
Noch schockierender fand ich das Lied „Animals“ von Maroon 5. Es klingt zunächst wie ein typischer Pop-Song – melodisch, eingängig. Doch der Text und das Musikvideo handeln von Mordfantasien, Stalking und Gewalt.Zeilen wie „Aber wir verstehen uns, wenn ich in dir bin“ oder „Ich habe dich komplett aufgeschnitten“ sind dort wirklich zu hören. Das Musikvideo zeigt eine düstere Mischung aus Stalking, Schlachthaus-Szenen und sexualisierten Bildern.
Ich finde: So etwas sollte keinen Platz in Radios oder auf Partys haben.
Wenn Betroffene selbst erzählen
Besonders eindrücklich fand ich den Auftritt von Maren Kling, einer Sängerin, die selbst gestalkt wurde. Ihr Täter war ein Ex-Partner – wie so oft in solchen Fällen. Sie hat darüber einen Song geschrieben, ihn aber bewusst nie veröffentlicht, weil sie nicht wollte, dass ihr Stalker sie darüber wiederfindet.
Das hat mich sehr nachdenklich gemacht.
Freiheit der Kunst – oder einfach geschmacklos?
Viele Künstler berufen sich auf die Künstlerfreiheit, wenn sie über Gewaltfantasien singen. Aber wo hört diese Freiheit auf? Für mich ist der Punkt erreicht, wenn Musik echte Gewalt verharmlost oder verherrlicht.
Ich werde jedenfalls genauer hinhören, bevor ich einen Song mitsinge.Und ihr? Vielleicht lohnt es sich, einmal auf die Texte eurer Lieblingssongs zu achten.
Hinweis der Redaktion
Der Workshop „A Stalker’s Playlist“ fand am Freitag, den 3. Oktober 2025, im Rahmen des b° future festivals auf dem Bonner Münsterplatz statt. Organisiert wurde er von Maren Kling, Kathrin Weßling und Theresa Lachner.
Link zur Spotify Playlist:
Von Julian Jung
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