Umbenennung des EMAs - Aufarbeitung oder Unsinn?
- 7. Nov.
- 4 Min. Lesezeit

Redaktionshinweis
Der folgende Artikel wurde bereits während der Projektwoche verfasst, als die Diskussion um den bisherigen Schulnamen noch offen war. Inzwischen hat sich die Schulgemeinschaft des EMA für Felix Hausdorff als neuen Namenspatron entschieden. Die Redaktion hat sich bewusst entschieden, den ursprünglichen Beitrag in dieser Ausgabe zu veröffentlichen, um den damaligen Diskussionsprozess und die Argumente beider Seiten zu dokumentieren.
Was haben Margot Friedländer, Felix Hausdorff, Emma Goldman, Elisabeth Mann Borgese, Emma Herwegh und Emmy Noether gemeinsam? Sie sind bedeutende Figuren der Geschichte in politischen und wissenschaftlichen Fragen und haben einen bleibenden Eindruck in der deutschen Gesellschaft hinterlassen. Zudem sind diese die Auswahl für den neuen Namen unserer Schule, da Ernst Moritz Arndt, unser gegenwärtiger Namensgeber, laut vieler kritischer Stimmen, nicht mehr zeitgemäß ist. Aber ist dies wirklich notwendig? Diese Frage wollen wir im folgenden Artikel diskutieren.
Wer ist eigentlich Ernst Moritz Arndt?
Ernst Moritz Arndt war ein deutscher Publizist und Dichter des 19. Jahrhunderts. Seine Schriften sind stark völkisch-nationalistisch geprägt und durch antinapoleonischen Patriotismus bestimmt. Dabei äußerte Arndt auch franzosenfeindliche und antisemitische Positionen, wie zahlreiche Historiker belegen.
Zwar waren solche Ansichten in seiner Zeit nicht ungewöhnlich, doch die Nationalsozialisten griffen Arndts Ideen später auf, um ein fremdenfeindliches Weltbild zu untermauern – bis hin zu Schulbüchern, die Jugendliche mit dieser Ideologie prägten.
Der institutioneller Kontext: Dieses Problem betrifft viele Einrichtungen
Es ist nicht nur unsere Schule, bei der der Namens-Patron zur Debatte steht. Auch andere öffentliche Institutionen tragen den Namen Ernst Moritz Arndt – und erleben ähnliche Diskussionen. So berichtete etwa die Zeitung taz im Fall des Ernst‑Moritz‑Arndt‑Gymnasium Osnabrück darüber, dass die Forderung nach Umbenennung regelmäßig aufflammte.
Und das Magazin Der Spiegel dokumentierte den Namensstreit an der Universität Greifswald, bei der eine Initiative mehr als 1 000 Studierende zur Ablegung des Namens mobilisierte.
Diese Beispiele zeigen: die Frage nach Schul- und Institutionsnamen ist Teil einer breiteren gesellschaftlichen Debatte – sie betrifft, wie wir Erinnerungskultur, Verantwortung und Identifikation gestalten.
Keine Namensänderung?
Wir müssen uns fragen, was unser Schulname über uns aussagt und welche Rolle er im Schulleben spielt.
Zum einen spiegelt Arndt die rassistische und nationalistische Denkweise seiner Zeit wider. Diese Einstellung lässt sich zwar historisch einordnen, aber nicht entschuldigen. Gerade deshalb bietet sein Name jedoch die Möglichkeit, kritische Aufklärung über ihn und seine Zeit im Unterricht zu betreiben.
Eine solche Aufarbeitung kann das Bewusstsein für Diskriminierung und Verantwortung schärfen – Themen, die gerade heute angesichts zunehmenden Rassismus von Bedeutung sind.
Ein weiterer Punkt: Eine Umbenennung bedeutet hohen organisatorischen und finanziellen Aufwand. Ein neues Schul-Image müsste aufgebaut, Logos, Website und Materialien angepasst werden – Ressourcen, die auch in andere Projekte fließen könnten, die unmittelbarer das Schulleben bereichern.
Zudem argumentieren einige, dass eine Umbenennung wie ein Weglaufen vor der eigenen Geschichte wirken könnte. Es sei besser, sich mit Arndts Haltung kritisch auseinanderzusetzen, als sie einfach aus dem Schulnamen zu tilgen.
Was spricht für eine Umbenennung?
Wir leben in Zeiten, in denen Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung wieder zunehmen. Eine Umbenennung wäre ein deutliches Zeichen gegen Rassismus und für Toleranz.
Da Arndt für nationalistische und antisemitische Ideen stand, wäre es ein starkes Signal, einen neuen Namen zu wählen, der unsere Werte als offene, respektvolle Schulgemeinschaft besser repräsentiert.
Auch in europäischer Hinsicht wäre das ein Schritt nach vorn: Franzosenhass passt nicht zu einem vereinten Europa – schon gar nicht zu einer Schule, die eine französische Partnerschule hat.
Hinzu kommt: Viele Schüler:innen und Lehrkräfte können sich mit Arndt nicht mehr identifizieren. Ein neuer Name, etwa einer Persönlichkeit wie Margot Friedländer, würde Werte wie Wertschätzung, Respekt und Menschlichkeit verkörpern. Friedländer sagte einmal:
„Wir sind alle gleich – es gibt kein christliches, muslimisches, jüdisches Blut, es gibt nur menschliches Blut.“
Solche Worte stehen exemplarisch für den Geist, den unsere Schule leben will.
Darum wurde bereits eine AG zur Namensfindung gegründet, die sich mit möglichen neuen Namensgeber:innen beschäftigt.
Ist eine Namensänderung nun sinnvoll?
Wir sind der Meinung, dass eine Umbenennung sinnvoll und zukunftsweisend ist.
Sie bedeutet nicht, dass wir unsere Geschichte verdrängen, sondern dass wir uns bewusst mit ihr auseinandersetzen.
Arndts Leben und Werk könnten weiterhin Teil des Geschichtsunterrichts bleiben – als Beispiel für die kritische Aufarbeitung problematischer historischer Figuren.
So schaffen wir Raum für ein offenes und respektvolles Miteinander, frei von den Schatten einer belasteten Vergangenheit. Ein neuer Name könnte zudem eine Persönlichkeit würdigen, deren wissenschaftliche, kulturelle oder gesellschaftliche Leistungen den Schwerpunkten unserer Schule besser entsprechen.
Lenn & Ubi
Eine Gegenstimme - „Symbolpolitik statt echter Veränderung?“
Ich bin der Meinung, dass eine Namensänderung nicht notwendig ist, da sie vor allem symbolischen Charakter hat und viel Zeit und Geld kostet.
Ernst Moritz Arndt vertrat zwar aus heutiger Sicht problematische Ansichten, doch diese waren zu seiner Zeit weit verbreitet und ihn allein dafür zu verurteilen, greift zu kurz.
Sein Name bietet die Möglichkeit, die damalige Denkweise kritisch zu reflektieren, anstatt sie auszulöschen. Das ist ein wichtiger Lernprozess – gerade im Hinblick auf den Umgang mit der NS-Zeit im Geschichtsunterricht.
Außerdem war Arndt ein bedeutender Vertreter der deutschen Geistesgeschichte. Er setzte sich für die deutsche Einheit ein und sprach sich gegen die französische Besatzung aus, was damals vielen Menschen Mut machte.
Eine Umbenennung wäre zudem ein aufwändiges bürokratisches Verfahren, das die Schulgemeinschaft stark beanspruchen und zusätzliche Kosten verursachen würde – für neue Logos, Schulmaterialien und digitale Anpassungen.
Insgesamt halte ich den Zeitpunkt für ungünstig: Eine Namensänderung wäre teuer, organisatorisch schwierig und könnte Arndts historische Bedeutung unverhältnismäßig relativieren – nur wegen einer in seiner Zeit weit verbreiteten Haltung.
(Anonym)
von Lenn und Ubi (Jg. EF)
Quellen:
Ernst-Moritz-Arndt:
Werke&Biografie:
https://www.geschichte-abitur.de/biographien/ernst-moritz-arndt-biografie
Margot Friedländer:
Geschichtslehrplan:
https://ema-bonn.de/wp-content/uploads/2023/08/Schulinterner-Lehrplan-Geschichte-EMA-G9-Sek-III.pdf
Partnerschule
Margot Friedländer Zitat:
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